Und wieder ein „Coronajahr“! Das 17. Hamburger Symposium Persönlichkeitsstörungen fand nun (analog den Olympischen Spielen in Tokio) mit einem Jahr Verspätung statt – allerdings als reine Online-Veranstaltung. Das hat dazu geführt, dass auch in diesem Jahr die Fellowship „nach Papierform“ vergeben wurde. Allerdings fand die Preisverleihung diesesmal beim Symposium statt, nämlich online mit über 130 Teilnehmer*innen.

Die Preisträger

Doktorin Maria Gruber und Professor Doktor Peer Briken (Foto: GePs e.V.)


Links: Preisträger des Hamburger Preises Persönlichkeitsstörungen 2021 Dr. Robin Bekrater-Bodmann (Foto: GePs e.V.).
Rechts: Preisträgerin der Hamburger Fellowship Persönlichkeitsstörungen 2021 Dr. Anja Schaich (Foto: GePs e.V.).

Hamburger Fellowship Persönlichkeitsstörungen 2021

Die mit 5.000,- € dotierte Hamburger Fellowship Persönlichkeitsstörungen wird zweckgebunden für einen Aufenthalt in einer international renommierten Forschungseinrichtung im Bereich der Persönlichkeitsstörungen vergeben. Frühere Preisträger*innen waren bei Prof. Otto F. Kernberg am Personality Disorders Institute der Cornell University New York sowie bei Prof. Mary C. Zanarini am McLean Hospital in Belmont, das der Harvard University in Boston assoziiert ist, zu Gast und haben wichtige Impulse für ihre eigene Forschung mit nach Hause gebracht.

Mit der Hamburger Fellowship Persönlichkeitsstörungen wurde in diesem Jahr Frau Dr. Anja Schaich ausgezeichnet, die sowohl an der Universität zu Lübeck und Christian-Abrechts-Universität zu Kiel jeweils an der psychiatrischen Uniklinik tätig und dort Mitglied der Arbeitsgruppe von Frau Dr. Eva Fassbinder ist, wo sie im Bereich der Persönlichkeitsstörungen forscht. Sie ist promovierte Psychologische Psychotherapeutin (VT) und Schematherapeutin. Sie hat am Beginn ihrer Karriere stehend schon einiges publiziert und wird für ihre Arbeit: Experiences of Patients With Borderline Personality Disorder With Imagery Rescripting in the Context of Schema Therapy – A Qualitative Study ausgezeichnet.

Es handelt sich dabei um eine qualitative Studie an 21 Patient*innen mit BPS, die Schematherapie erhielten, u. a. auch das Imagery Rescripting als wichtiger Bestandteil der Behandlung. Diese Patient*innen wurden nun zu ihrem Erleben des Imagery Rescripting befragt und berichteten u. a. eine Reihe von positiven Veränderungen sowie ihre Vorstellungen von einer optimalen Anwendung bezogen auf Settingbedingungen. Die Arbeit ist inzwischen in der online zugänglichen Zeitschrift Frontiers in Psychiatry veröffentlicht (Schaich et al. 2021).

Hamburger Preis Persönlichkeitsstörungen 2021

Der mit 10.000 € dotierte Hamburger Preis Persönlichkeitsstörungen 2021 ging an Herrn Dr. Robin Bekrater-Bodmann, Diplom-Psychologe an der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapeutische Medizin am Zentrum für Seelische Gesundheit in Mannheim. Er leitet seit 2016 die Arbeitsgruppe Körperplastizität und Gedächtnisprozesse – also ein durch und durch psychosomatisches Feld – und hat ein eindrucksvolles wissenschaftliches Oeuvre vorzuweisen. Dr. Bekrater-Bodmann hat drei hochinteressante Arbeiten zum Thema des Körpererlebens bzw. zu dissoziativen Phänomenen – also häufig auch körperbezogener Symptomatik eingereicht:

  • Dissociation proneness and pain hyposensitivity in current and remitted borderline personality disorder
  • Reductions in Whole-body Ownership in Borderline Personality Disorder – A Phenomenological Manifestation of Dissociation und
  • Evaluation of the own body in women with current and remitted borderline personality disorder: evidence for long-lasting effects of childhood sexual abuse

Dr. Bekrater-Bodmann setzt sich in seinen Arbeiten empirisch und differenziert mit dem Körpererleben sowie der Dissoziation bei Borderline Patientinnen auseinander. Ein klinisch hochrelevantes Ergebnis ist, dass bei Patientinnen, bei denen die Borderline-Störung remittiert ist, weiterhin die Probleme im Erleben des eigenen Körpers fortbestehen, was dem neuen Modell der Persönlichkeitsfunktion und damit dem klassischen Modell der Struktur Vorschub leistet. Es gibt eben doch jenseits der Symptomatik der Persönlichkeitsstörung immer auch zugrunde liegende Dimensionen der Persönlichkeit, deren Beeinträchtigung in vielen Bereichen des Lebens und Erlebens außer Kraft setzen kann.
In einem Online-Vortrag hat Dr. Bekrater-Bodmann seine Ergebnisse dem Publikum vorgestellt, nachdem beide Preise virtuell überreicht worden waren.

Jury und Stifter

Die Preisjury bestand aus Prof. Dr. Stephan Doering (Juryvorsitzender), Prof. Dr. Anna Buchheim, Prof. Dr. Babette Renneberg und Dr. Birger Dulz (Präsident der GePs) sowie beratend Prof. Dr. Matthias Nagel (für die Asklepios Kliniken Hamburg GmbH).

Das Preisgeld in Höhe von insgesamt 15.000,- € wird jährlich von den Asklepios Kliniken Hamburg GmbH gestiftet und von der Gesellschaft zur Erforschung und Therapie von Persönlichkeitsstörungen (GePs e.V.) vergeben. Die Verleihung der Auszeichnungen erfolgt für wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Persönlichkeitsstörungen, die den Schwerpunkt auf den klinischen Bezug der Untersuchung legen.

Im kommenden Jahr werden der Hamburger Preis Persönlichkeitsstörungen 2022 und die Hamburger Fellowship Persönlichkeitsstörungen 2022 beim 18. Hamburger Symposium Persönlichkeitsstörungen hoffentlich wieder in bewährter Manier face-to-face in Hamburg mit einem „echten“ Publikum verliehen werden können.

Literatur und Quelle

Chung, B.Y., Hensel, S., Schmidinger, I., Bekrater-Bodmann, R. & Flor, H. (2020). Dissociation proneness and pain hyposensitivity in current and remitted borderline personality disorder. Eur J Pain 24, 1257–1268.

Kleindienst, N., Löffler, A., Herzig, M., Bertsch, K. & Bekrater-Boidmann, R. (2020). Evaluation of the own body in women with current and remitted borderline personality disorder: evidence for long-lasting effects of childhood sexual abuse. Eur J Psychotraumatol 11, 1764707. doi: 10.1080/20008198.2020.1764707.

Löffler, A., Kleindienst, N., Cackowski, S., Schmidinger, I. & Bekrater-Bodmann, R. (2020). Reductions in Whole-body Ownership in Borderline Personality Disorder – A Phenomenological Manifestation of Dissociation. J Trauma Dissoc 21(2), 264–277.

Schaich, A., Braakmann, D., Richter, A., Meine, C., Assmann, N., Köhne, S., Arntz, A., Schweiger, U. & Fassbinder, E. (2020). Experiences of Patients With Borderline Personality Disorder With Imagery Rescripting in the Context of Schema Therapy – A Qualitative Study. Frontiers in Psychiatry 11, 550833. doi: 10.3389/fpsyt.2020.550833.

Quelle: Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Doering, Juryvorsitzender und Sprecher des Fachausschusses Forschung GePs e.V.