Leider musste das 18. Hamburger Symposium Persönlichkeitsstörungen wieder online stattfinden, allerdings hatten wir diesmal die Möglichkeit, in gewohnter Manier die Fellowship-Vorträge live stattfinden zu lassen. Auch die Preisverleihung konnte live von allen online Teilnehmer:innen mitverfolgt werden.

Die Preisträger

Doktorin Maria Gruber und Professor Doktor Peer Briken (Foto: GePs e.V.)


Von links oben: Prof. Dr. Stephan Doering (Vorsitzender der Jury), Prof. Dr. Sabine Herpertz (Preisträgerin HH-Preis), Prof. Dr. Katja Bertsch (Preisträgerin HH-Preis), Prof. Dr. Matthias Nagel (Asklepios Kliniken Hamburg GmbH), Sophie Hauschild, M.Sc. (Preisträgerin HH-Fellowship), Dr. Birger Dulz (Präsident der Gesellschaft zur Erforschung und Therapie von Persönlichkeitsstörungen, GePs e.V.), Cecily Jahn, M.A. (Preisträgerin HH-Fellowship). (Foto: GePs)

Hamburger Fellowship Persönlichkeitsstörungen 2022

Die mit 5.000,- € dotierte Hamburger Fellowship Persönlichkeitsstörungen wird zweckgebunden für einen Aufenthalt in einer international renommierten Forschungseinrichtung im Bereich der Persönlichkeitsstörungen vergeben. Frühere Preisträgerinnen waren bei Prof. Otto F. Kernberg am Personality Disorders Institute der Cornell University New York sowie bei Prof. Mary C. Zanarini am McLean Hospital in Belmont, das der Harvard University in Boston assoziiert ist, zu Gast und haben wichtige Impulse für ihre eigene Forschung mit nach Hause gebracht.

Fraglos handelte es sich in diesem Jahr um einen der stärksten Jahrgänge, die wir jemals hatten – alle vier Bewerbungen um den HH-Preis waren so hochkarätig, dass sie den Preis verdient hätten, und auch bei den fünf Fellowship-Bewernber:innen viel die Entscheidung außerordentlich schwer, so dass die Fellowship schließlich unter zwei Bewerberinnen geteilt wurde.

Mit der Hamburger Fellowship Persönlichkeitsstörungen wurden in diesem Jahr Frau Sophie Hauschild, M.Sc. und Frau Cecily Jahn, M.A. ausgezeichnet. Beide Bewerberinnen fokussieren die Behandlung von Adoleszenten mit Persönlichkeitsstörungen.

Frau Sophie Hauschild kommt vom Institut für Psychosoziale Prävention der Universität Heidelberg, das von Fellowship-Preisträgerin des Jahres 2009, Prof. Svenja Taubner, geleitet wird. In Kooperation mit der Fellowship-Preisträgerin des Jahres 2018, Prof. Jana Volkert, wurde sie für ihre Arbeit zum Thema Mentalisierungsbasierte Therapie für Jugendliche mit Störungen des Sozialverhaltens: eine Machbarkeitsstudie ausgezeichnet. Es handelt sich um eine Machbarkeitsstudie an 45 Jugendlichen, die gezeigt hat, wie schwer es ist, diese Patient:innengruppe in Therapie zu bekommen und zu halten, die aber auch gezeigt hat, dass die MBT-A positive Effekte bei denen erzielen kann, die dabeibleiben. Eine große Wirksamkeitsstudie unter kontrollierten Bedingungen ist der nächste Schritt.

Frau Cecily Jahn promoviert an der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –Psychotherapie der Universität Köln, wo sie von PD Dr. Maya Krischer, der Fellowship-Preisträgerin des Jahres 2007 betreut wird. Sie wurde für ihre Arbeit Reduktion selbstverletzenden Verhaltens bei Jugendlichen mit Borderline-Persönlichkeitsorganisation mittels der übertragungsfokussierten Psychotherapie ausgezeichnet. Diese erste Anwendungsstudie der TFP für Adoleszente in einem Wartekontrollgruppendesign an einer Tagesklinik schloss 120 Jugendliche ein und ergab, dass die TFP-A selbstverletzendes Verhalten und Aggressivität senken kann. Auch hier steht eine randomisierte Wirksamkeitsstudie unter streng kontrollierten Bedingungen an. Die Arbeit ist bereits publiziert (Jahn et al. 2021).

Hamburger Preis Persönlichkeitsstörungen 2022

Der Hamburger Preis Persönlichkeitsstörungen 2022 ging an ein äußerst renommiertes Forscherinnenduo, nämlich Prof. Dr. Katja Bertsch, Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der LMU München und Prof. Dr. Sabine Herpertz, die die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität Heidelberg leitet. Beide haben ein breites Forschungsfeld im Bereich der Persönlichkeitsstörungen, wobei sie für drei Arbeiten zur klinischen Anwendung einer von ihnen selbst Entwickelten Aggressionsbehandlung für Patient:innen mit Borderline-Störungen ausgezeichnet wurden:

  1. Don’t make me angry: frustration-induced anger and its link to aggression in women with borderline personality disorder
  2. Abnormal processing of interpersonal cues during an aggressive encounter in women with borderline personality disorder: neural and behavioral findings und
  3. A mechanism-based approach to an anti-aggression psychotherapy in borderline personality disorder: group treatment affects amygdala activation and connectivity

Sowohl klinisch als auch mittels Neurobildgebung konnten sie sowohl die Wirksamkeit als auch einige zugrundeliegende Mechanismen ihrer Antiaggressionstherapie belegen.

In einem online Vortrag haben die beiden Preisträgerinnen ihre Ergebnisse dem Publikum vorgestellt, nachdem beide Preise virtuell überreicht worden waren (siehe Abb. 1).

Jury und Stifter

Die Preisjury bestand aus Prof. Dr. Stephan Doering (Juryvorsitzender), Prof. Dr. Anna Buchheim, Prof. Dr. Babette Renneberg und Dr. Birger Dulz (Präsident der GePs), sowie beratend Prof. Dr. Matthias Nagel (für die Asklepios Kliniken Hamburg GmbH).

Das Preisgeld in Höhe von insgesamt 15.000,- € wird jährlich von den Asklepios Kliniken Hamburg GmbH gestiftet und von der Gesellschaft zur Erforschung und Therapie von Persönlichkeitsstörungen (GePs e.V.) vergeben. Die Verleihung der Auszeichnungen erfolgt für wissenschaftliche Arbeiten zum Thema Persönlichkeitsstörungen, die den Schwerpunkt auf den klinischen Bezug der Untersuchung legen.

Im kommenden Jahr werden der Hamburger Preis Persönlichkeitsstörungen 2023 und die Hamburger Fellowship Persönlichkeitsstörungen 2023 beim 19. Hamburger Symposium Persönlichkeitsstörungen hoffentlich wieder in bewährter Manier face-to-face in Hamburg mit einem „echten“ Publikum verliehen werden können.

Literatur und Quelle

Bertsch, K., Back, S., Flechsenhar, A., Neukel, C., Krauch, M., Spieß, K., Panizza, A., Herpertz, S.C. (2021). Don’t make me angry: frustration-induced anger and its link to aggression in women with borderline personality disorder. Front Psychiatry 12: 695062. Doi: 10.3389/fpsyt.2021.695062.

Bertsch, K., Buades-Rotger, M., Krauch, M., Ueltzhöffer, K., Kleindienst, N., Herpertz, S. C., Krämer, U. M. (2022). Abnormal processing of interpersonal cues during an aggressive encounter in women with borderline personality disorder: neural and behavioral findings. J Psychopathol Clin Sci 131(5): 493-506.

Neukel, C., Bertsch, K., Wenigmann, M., Spieß, K., Krauch, M., Steinmann, S., & Herpertz, S. C. (2021). A mechanism-based approach to an anti-aggression psychotherapy in borderline personality disorder: group treatment affects amygdala activation and connectivity. Brain Sci 11(12): 1627. Doi: 10.3390/brainsci11121627.

Jahn, C., Wieacker, E., Bender, S., Krischer, M.. (2021). Reduktion selbstverletzenden Verhaltens bei Jugendlichen mit Borderline-Persönlichkeitsorganisation mittels der übertragungsfokussierten Psychotherapie. Prax Kinderpsychol Kinderpsychiat 70, 728-747.

Quelle: Univ.-Prof. Dr. med. Stephan Doering, Juryvorsitzender und Sprecher des Fachausschusses Forschung GePs e.V.